MIT EINER KLEINEN PRISE TINGELTANGEL
- Neue Klavierstücke von Walther Prokop -

Vor fast vierzig Jahren schrieb Walther Prokop eine Flötensonatine, die eine Huldigung an die französische Komponistengruppe der "Six" sein sollte. Sie wurde gedruckt, im Rahmen des Tonkünstlerfestes in verschiedenen Städten Bayerns aufgeführt und im Bayerischen Rundfunk gesendet. Einer dieser sechs Widmungsträger ist Francis Poulenc. Nun hat Prokop zum 50. Todestag seines Leib- und Magenkomponisten "Fünf Emails an Francis Poulenc" komponiert. Diese sind aktuell im kom-Musikverlag Berlin erschienen.
Der Komponist schreibt zu seinem neuen Opus augenzwinkernd: "Emails müssen keine wohlgesetzten Briefe sein, Kapriolen und überraschende Wendungen sind erlaubt, und sogar Rechtschreibfehler werden stillschweigend toleriert."
Nun, Letztere müssen, da nicht vorhanden, auch nicht in Kauf genommen werden. Dafür sprudeln die Töne umso übermütiger, an Kapriolen und Überraschungen ist kein Mangel. Doch sind die einzelnen Titel klar strukturiert; die fünf "Emails" sind kontrastreich in der Abfolge: Ein "Marche", dessen einfaches Thema immer pittoresker umspielt wird, macht den Anfang. Darauf folgt ein träumerisches, ja versponnenes "Nocturne". Der "Valse" lässt bewusst auch an Erik Satie, den Mentor jener Gruppe denken, bevor der Walzer gleichsam wie ein Kaleidoskop durcheinander geschüttelt wird und die Motive in unterschiedlichsten Höhen, Tiefen und Tonarten aufblitzen. Die "Complainte" ist eine bewegende Klage (ein "in memoriam" übrigens für den in diesem Jahr verstorbenen Maler Heinz Kaufmann). Gleichwohl aber behält diese schmerzliche Piéce doch ihre französische Contenance. Das "Final" stürmt dahin als ein Kehraus in Rondoform. Es wechseln in rascher Folge sanfte, zärtliche und ausgelassene Melodien, gewürzt mit pikanten Harmonien und vertrackten Rhythmen. Und über allem ist so eine kleine Prise Tingeltangel, wie es ja auch Meister Poulenc selbst geliebt hat.
Man muß kein Lang Lang sein, um diese leichten bis mittelschweren Stücke spielen zu können. Etwas Üben könnte jedoch bei dieser wirkungsvollen Musik sogar erheblichen Spaß machen.

Franz Lachmann