Der Komponist Walther Prokop

und Werke aus der „Groupe des six“ 

Francis Poulenc – Germaine Tailleferre – Darius Milhaud

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Keine Angst vor schrillen Tönen!

Musik von Walther Prokop im Rosenheimer Künstlerhof

VON RAINER W. JANKA

 

Man wird nicht ungestraft in eine Künstlerfamilie geboren: Vor 70 Jahren wurde Walther Prokop als Sohn des Malers Karl Prokop in Rosenheim geboren. Auch der jüngere Bruder Gerhard wurde Maler. Walther Prokop aber wurde Musiker, war lange Zeit Musiklehrer am Gymnasium Gars, hat Komposition studiert und zahlreiche Werke komponiert. Zu seinem 70. Geburtstag bekam er vom Tonkünstlerverband Südostbayern ein Konzert im Rosenheimer Künstlerhof geschenkt, in dem viele seiner Werke präsentiert wurden, aber auch die seiner musikalischen Idole aus der „Groupe des Six“.

Walther Prokop ist ein Komponist der Kommunikation. Seine Musik ist auf Mitteilsamkeit ausgerichtet, antwortet auf andere Komponisten, erzählt oder vertont Geschichten, lässt sich von Gedichten und auch bildenden Künstlern anregen und reagiert auf gesellschaftliche und künstlerische Phänomene. Das zeigen schon die Titel: „Attention please, Miss Marple!“ heißt eine der „Drei Stories für Klavier zu vier Händen“, „Adieu à Germaine Tailleferre“ ein Stück für Klavier solo, ganz modern richtet er „Fünf Emails an Francis Poulenc“. Und die Musik ist leicht fasslich, also verständlich. „Keine Angst vor schrillen Tönen!“ hatte Prokop auch versprochen.

Paradestück ist in diesem Sinne das Schlussstück des Konzerts: „Paargesang für Bariton, Querflöte und Klavier“ auf einen Text von Robert Gernhard. In seiner wie immer launig-pontierten Moderation erklärt Prokop, hier symbolisiere die Flöte das opferbereite Dummchen, das aber verliert gegen das patzige Klavier und den zynischen Sänger. Rebekka Höpfner am Klavier, Alice Guinet mit der Flöte und der Bariton Thomas Hamberger gestalten dieses köstliche Stück musikalisch und auch mimisch genau und genüsslich.

Diese Musik ist so, wie Prokop sie selber beschreibt: keine Weltuntergangsszenarien, sondern Harlekinaden voller Esprit und Witz mit Lust an der Hintergründigkeit. So sind auch die „Drei Stories“, von Rebekka Höpfner und Eva Krikkay am Klavier mit präzisem Witz gespielt: geradezu spitzbübisch schmunzelnde Klaviermusik. Als „leicht hingeworfene Gefühlsstatements“ bezeichnete Prokop die „Fünf Emails an Francis Poulenc“, es ist ironische, leis-innige und am Schluss lustig sprudelnde Musik, von Rebekka Höpfner genau gezeichnet.

Doch Prokop kann auch anders: Tamás Puskás hatte in weichem Klarinettenton die „Arabesque“ dieser Komponistin gespielt, ein Stück in melancholisch verhangenem Serenaden-Tonfall. Das darauf antwortende „Adieu à Germaine Tailleferre“ spielte Prokop selber am Klavier: eine ernst Antwort auf den Tod dieser Komponistin, zunächst nachdenkliche und versonnene, dann zunehmend aufrührerischere und am Schluss schicksalsergebene Musik – ein eindrucksvoller musikalischer Nachruf. Hier schillert und leuchtet Prokops Musik, ist farbig und sinnlich.

Noch mehr, dazu sehr wortausdeutend und –überhöhend war das zu hören in „Widmung“, das Gedichte des Rosenheimer Bildhauers Rolf Märkl vertont. Zwischen Kukuruz- und Weizenfeldern spielt eins der Gedichte, das letzte ist eine wort- und bildsatte Hommage an den Malerfreund Leo von Welden, von Prokop intensiv koloriert vertont und von Thomas Hamberger wortdeutlich deklamierend und männlich-markant gesungen.

Das reine Prokop-Programm wurde ergänzt durch Werke seiner Vorbilder: Tamás Puskás und Rebekka Höpfner warfen sich mit Lust in die frech hingefetzten Rhythmen von „Scaramouche“ von Darius Milhaud, hinreißend spielte Alice Guinet die Eleganz, Lebensfreude und den leicht melancholischen Übermut der Sonate für Flöte und Klavier von Francis Poulenc aus: Glanzstück dieses Abends voller Überraschungen und voller Musik, die lächeln macht.